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Von: Sebastian Krampe, zertifizierter Fördermittelexperte der NEXT BUTLER GmbH

Zwischen erster Projektidee, erfolgreichem Fördermittelantrag und Auszahlung des Zuschusses gibt es viele Dinge zu beachten, damit ein Fördermittelprojekt auch erfolgreich wird. Ein wesentlicher Pfeiler im „Fördermittelhaus“ sind die Angebote. Wie auch schon in einem anderen Beitrag beschrieben, sind konkrete Angebote für die Erstellung eines Fördermittelantrages nicht zwingend nötig, da diese ja nicht eingereicht werden müssen. Vielmehr geht es um eine möglichst genaue Schätzung des Kostenrahmens – und konkrete Angebote können unter gewissen Voraussetzungen dabei sehr hilfreich sein. Außerdem werden Angebote meist später 1:1 in Rechnungen konvertiert. Und Rechnungen müssen mit dem Verwendungsnachweis eingereicht werden. Und werden sehr genau geprüft. Angebote haben daher eine Schlüsselrolle im Fördermittelprozess.

Ein Beispiel aus dem Alltag – zur besseren Veranschaulichung:

  1. Reales Szenario: Bei uns musste neulich eine neue Heizung eingebaut werden. Die Heizungsfirma ruft an und bittet darum, doch mal die Rohrlängen zur Heizung zu messen. Gefragt – getan. Ich messe die Rohre so gut es geht aus, mache eine Skizze und schicke diese an die Heizungsfirma. Ich erhalte einen groben Kostenvoranschlag. Irgendwann kommt der Monteur und will die Heizung einbauen. Da die Skizze nicht genau genug war, muss er immer wieder nachmessen und Rohre zurechtsägen, Gewinde schneiden, Muffen setzen, Halterungen anbringen. Der Monteur war 5x draußen, bevor alles beisammen war, was zwischen 3 min und 1,5 h dauerte – davon 3x zu seinem Werkstattwagen, 1x zur Firma, 1x zum Fachmarkt. Ich weiß das so genau, weil mir während des Projektes die Idee für diese Analogie zu unserer Branche kam und ich deshalb Notizen gemacht und nachgefragt habe. Irgendwann kam die Rechnung und war natürlich deutlich höher als der Kostenvoranschlag. Unschöne Diskussionen waren die Folge, mit dem Ergebnis, das am Ende keiner richtig zufrieden war.
  2. Wunschszenario: Wie hätte es denn besser laufen können? Der Fehler lag ja wahrscheinlich darin, dass ich die Maße anders aufgenommen habe, als die Heizungsfirma sie gebraucht hätte. Ich habe zwar mein Bestes gegeben, bin aber natürlich kein Fachmann fürs Aufmaß. Wäre es da nicht zielführender gewesen, der Monteur wäre für das Aufmaß kurz vorbeigekommen und hätte selbst genau das gemessen und notiert, was er braucht? Dann hätte er eine genaue Datengrundlage gehabt, um mir ein konkretes Angebot unterbreiten, das benötigte Material und alle Teile bestellen und alle individuell anzufertigen Teile in der Werkstatt präzise vorfertigen können – unter besseren Arbeitsbedingungen, mit besseren Werkzeugen, in kürzerer Zeit. Er kommt zum Montagetermin, hat alles dabei, kommt rein, montiert, testet, dokumentiert und fährt nach einem Drittel der Zeit wie in der realen Geschichte wieder vom Hof. Ein paar Tage später erhalte ich die Rechnung und sie entspricht genau dem Angebot. Ist in der Praxis selten so – leider.

Was können wir daraus für Digitalisierungsprojekte lernen?

Der Kunde hat ein Digitalisierungsanliegen und wendet sich an sein Systemhaus. Das Systemhaus fragt: „Was brauchen Sie denn?“. Der Kunde versucht, sein Anliegen so gut es geht zu beschreiben. Das Systemhaus fragt nach: „Was haben Sie denn genau? Welche Hardware, Software, Lizenzen, …? Wo wollen Sie denn hin? Was wollen Sie genau erreichen?“ Die Antwort des Kunden: „Das kann ich Ihnen leider nicht so genau sagen.“

Soweit die Ausgangssituation – auf obiges Beispiel adaptiert:

  1. Reales Szenario: Das Systemhaus sagt „Dann schicke ich Ihnen mal meine Checkliste und Fragen. Bitte schicken Sie mir diese dann ausgefüllt zurück“. Der Kunde erhält diese und versucht, sie bestmöglich auszufüllen und die Fragen zu beantworten. Da er nur die Hälfte versteht, bleiben die Antworten schwammig oder gleich ganz aus. Er schickt sie ans Systemhaus. Dort wird daraus jetzt ein Angebot gestrickt, was viele schwammige Positionen enthält wie „Wird nach Aufwand abgerechnet“ oder „Aufwandsschätzung“, die mit Puffer geplant sind. Wenn der Kunde diesen Auftrag bestätigt hat, wird alles vom Systemhaus bestellt und bestmöglich vorbereitet. Das Systemhaus kommt zum Kunden, trifft auf andere als die geschilderten Voraussetzungen, fängt z.B. an, die Zugangsdaten zusammenzusuchen, die Softwarefirmen wegen der Lizenzschlüssel anzurufen, will die aktuellen Versionen herunterladen, hat aber zunächst keinen Zugang zum Firmen-WLAN. Da das WLAN hier viel langsamer als im Systemhaus ist, dauert auch das länger als geplant. Und bevor mit der eigentlichen Arbeit überhaupt begonnen werden kann, sind schon einige Stunden vergangen.
  2. Wunschszenario: Das Systemhaus schlägt dem Kunden nun eine Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse vor und der Kunde willigt ein. Die Bestandsanalyse liefert eine Hardware- und Softwareliste, mit allen notwendigen technischen Daten, Lizenzangaben und wesentlichen Zugangsdaten. Die Bedarfsanalyse enthält sowohl die Zieldefinition als auch alle Anforderungen, die mit der neuen Lösung erfüllt sein müssen. Auf dieser Basis kann das Systemhaus nun ein Lösungskonzept ggf. auch mit alternativen Lösungswegen erarbeiten, deren Kosten für eine Entscheidungsfindung geschätzt werden. Der Kunde entscheidet sich für eine Lösung und enthält nun ein konkretes und verbindliches Angebot, das keine Unschärfen mehr enthält.

Ich hoffe, mit diesem Beispiel konnte ich noch deutlicher darstellen, worum es eigentlich in jedem Projekt geht, was aber in komplexen Projekten natürlich besonders wichtig ist.

Meine heutigen Tipps:

  1. Für die Erstellung eines Fördermittelantrages sind formale Angebote nicht zwingend erforderlich, schaden aber auch nicht. Worum es eigentlich geht ist, einen verlässlichen Kostenrahmen zu haben, um die richtige Fördermittelsumme beantragen zu können. Bitte planen Sie zur Sicherheit in jedem Fall 20% Puffer mit ein. Sie müssen die Fördersumme ja nicht ausschöpfen. Haben Sie allerdings zu gering geplant, können Sie diese nachträglich nicht mehr erhöhen.
  2. Um präzise Angebote unterbreiten zu können, braucht das Systemhaus verlässliche Angaben über die Ausgangssituation und die Projektziele. Wir empfehlen dafür grundsätzlich, die Ausgangslage zu analysieren, die Ziele/den Bedarf genau zu definieren und darauf aufbauend das Lösungskonzept zu entwickeln. Und dann konkrete Angebote zu erstellen, da Sie erst dann eine verlässliche Grundlage haben.
  3. Wenn Sie Angebote einholen oder schreiben, dann trennen Sie grundsätzlich Hardware und Lizenzen von den Dienstleistungen, die Sie idealerweise in Analyse, Beratung, Konzeption, Implementierung/Installation/Programmierung/Service einteilen. Warum? Weil Analyse, Beratung und Konzeption fast immer gefördert werden – reine Hardwarekosten, Lizenzgebühren, monatliche Kosten hingegen nur selten.
  4. Bitte denken Sie immer daran, wie es in der Praxis läuft. Die Rechnung wird fast immer direkt aus dem Angebot erstellt. Sind im Angebot die nicht förderfähigen Positionen nicht von den förderfähigen getrennt, dann werden sie es in der Regel auch in der Rechnung nicht sein! Die Rechnungen müssen aber mit dem Verwendungsnachweis eingereicht werden. Und der Fördermittelgeber prüft sehr genau, was in den Rechnungen steht. Deshalb meine Empfehlung: Trennen Sie das klar von Anfang an!
  5. Wenn schon Angebote da sind, gerade erstellt werden oder es Angebotsgespräche gibt, dann achten Sie immer auf Formulierungen wie „Wird nach Aufwand abgerechnet“, „Kann ich noch nicht einschätzen“, „Weiß ich noch nicht“, „Kommt drauf an“, „Geht ganz einfach“, „Geht ganz schnell“. Mit Augenzwinkern –  mein erster IT-Fachausbilder hat uns eingebläut: „‚Geht ganz einfach‘ dauert einen halben Tag, ‚Geht ganz schnell‘ dauert einen ganzen Tag“ – mit den entsprechenden Kosten hintendran. Unschärfen führen immer zu zweierlei: Das Systemhaus wird von vornherein sehr großzügig mit einem Puffer planen und es wird im Projektverlauf sehr wahrscheinlich zu Mehrkosten kommen. Deshalb: Da die Arbeit der Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse sowieso irgendwann erledigt werden muss, ist es immer besser, dies zu Beginn eines Projektes zu tun.
  6. Unserer Erfahrung nach sparen Sie ca. zwei Drittel, wenn Sie am Anfang in die Analyse (Bestandsaufnahme und Bedarfsdefinition) investieren. D.h. wenn Sie ein Projekt mit einer Analyse starten, kostet sie diese Analyse vielleicht 1.000 EUR. Machen Sie diese Analyse nicht, dann verursacht das einen Aufwand von etwa 3.000 EUR, der dann über die unscharfen Positionen „Wird nach Aufwand abgerechnet“ berechnet wird.

Wenn ich nur einen Tipp geben könnte, dann der: Starten Sie immer mit einer genauen Analyse der Ausgangssituation und einer Bedarfsplanung. Denn Beratung, Analyse, Erarbeitung von Konzepten werden genau deshalb explizit gefördert, weil sie die Vorhaben vollständig, planbar und kalkulierbar machen, zu besseren Ergebnissen führen und versteckte Aufwände von Anfang an besser eingeschätzt werden können.

Letztendlich ist es wie bei jeder Fahrt mit dem Auto:

  • Was müssen Sie Ihrem Navi mitteilen, bevor Sie losfahren? Das Reiseziel.
  • Was braucht das Navi noch an Informationen? Ihren aktuellen Standort.
  • Was könnte es Ihnen jetzt sagen? Wie weit die Idealstrecke zum Ziel und ggf. welche Alternativstrecken es gibt.
  • Was könnte es Ihnen noch sagen, wenn es genauere Daten hätte? Was jede Stecke kostet. Kennt es nur die Standarddaten, kann es Ihnen den voraussichtlichen Spritverbrauch mitteilen. Kennt es die aktuellen Spritpreise, kann es Ihnen einen ungefähren Kostenrahmen nennen. Kennt es darüber hinaus die Vollkosten pro gefahrenem km für Ihr Fahrzeug und Ihre Schadensfreiheitsklasse, dann kennen Sie die gesamten Reisekosten ziemlich exakt.

Bitte verstehen Sie ab sofort Ihr Systemhaus als Ihr Navigationssystem, dass Sie sicher zum Ziel führt – und füttern Sie es vor Reiseantritt mit allen benötigten Informationen, damit Sie so preiswert wie möglich und so schnell wie nötig ans Ziel kommen.

Sie haben Fragen?
Schreiben Sie mir eine E-Mail oder rufen Sie mich gerne an: 02922 889 41 02.

Herzlichst
Ihr Sebastian Krampe

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